Nichts als der Mensch? – Werden und Vergehen, Hoffnung und Angst, Sehnsucht und Verstummen, Lebensbejahung und Bedrohung, Leben und Sterben, das sind die Gedanken, die sich in ihrer dialektischen Wechselbeziehung durch das künstlerische Werk von Madeleine Heublein und Wieland Förster leitmotivisch ziehen.
Madeleine Heublein ist eine Leipziger Künstlerin, steht in der zeichnerischen Tradition dieser Stadt, dem grüblerischen wie wachen Reagieren auf Zeitströme, den Verbindungen hin zu Literatur und Mythologie und hat es geschafft, dieser Tradition ihre eigene Stimme beizumischen. Ein eigenwilliges Werk, das Bilder innerer Auseinandersetzungen vor uns hinstellt, uns konfrontiert mit Verheißungen wie Gefahren, Hoffnungen wie Abstürzen, nie platt oder moralisierend. Ein Werk, das durch eine Art Hintergrundschwingung,
die latent die Malereien, Grafiken und Zeichnungen durchzieht, unruhig macht.
Dr. Ina Gille
„Als Wieland Förster am 12. Februar 1945 seinen 15. Geburtstag feierte, war die Welt wahrlich nicht in Ordnung, denn am 13. Februar 1945 fiel Dresden im Bombenhagel in sich zusammen. Förster überlebte. Der Junge wurde 1946 vom russischen NKWD wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilt und im Speziallager Bautzen inhaftiert. Als er im Zuge einer Amnestie nach vier Jahren entlassen wurde, war seine Jugend vorbei. Förster begann, Bildhauerei in Dresden zu studieren. Die Eindrücke in der Haft, Hunger, Kälte, allnächtliche Verhöre und die Folter der Schlaflosigkeit hatten Försters Gesundheit ruiniert und prägten fortan seine Kunst für das ganze Leben, wenn er auch immer wieder betonte, dass der, welcher zurückkehre, damit beginnen müsse, „nicht mit Rachegefühlen zurückzukehren“. Sein Thema: der Mensch. Nicht nur der Leidende, wie er ihn für Dresden mit dem „Großen Trauernden“ schuf, sondern auch die sinnlich-schöne Frauenfigur und das Porträt. Uwe Johnson hat er porträtiert, auch Heinrich Böll, Walter Jens, Franz Fühmann und viele andere. An die Vorstellungen normierter, geschönt-optimistischer, sozialistischer Menschenbilder reichten seine Figuren nie heran. Vielmehr schöpfte er tief aus dem eigenen Erleben und der Tradition.
Nichts daran ist laut, spektakulär, so wie Förster selbst nicht zu den lärmenden Kündern einer Epoche gehören wollte. Was er zu seinen „Opfern“ schrieb, steht für das Ganze: Sie „sollten nicht länger Versager, Kränkliche und Leidende sein. Sie sollten die Welt der Mächtigen durch ihre physische Präsenz herausfordern können und im Gebrochen-, Gepeinigt- und Zerstörtwerden letztlich Sieger bleiben durch die Unbezwingbarkeit ihrer Substanz, der Form. Wir sind – das sollte keiner vergessen, der das Menschenbild als Aufgabe der Kunst verneint – noch mitten drin im circulus vitiosus des politischen Mordes.“
Unabhängig von Moden schuf der heute bei Berlin lebende Bildhauer Figuren, die die Entwicklung der Plastik im 20. Jahrhundert aufgesogen haben. Die Glätte eines Marino Marini mischt sich mit der schrundigen Oberfläche, wie sie Rodin oder Hrdlicka liebten. Giacometti und Wilhelm Lehmbruck, sein Lehrer Fritz Cremer und Ernst Barlach haben ihn beeindruckt und doch nie zum Nachahmer gemacht. Begleitend und vorbereitend zu seinen großen Plastiken entstanden Grafiken und immer auch Texte, Reisenotizen, Prosa.“
Nach Uta Baier